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1938 bis 1943

Pflegen beim Fliegeralarm

Ernas größter Wunsch war es, Ärztin zu werden. Leider war das aber durch die nationalsozialistische Gesetzgebung nicht mehr möglich. Das Medizinstudium war für Erna in weiter Ferne.

Damit war Ernas Traumberuf für sie unerreichbar. Sie entschloss sich deshalb, Krankenpflegerin zu werden – so konnte sie auch vielen Menschen helfen. In Köln gab es sogar noch ein jüdisches Krankenhaus, das Israelitische Asyl. Dort redete Erna so lange auf die Oberin ein, bis sie Erna eine Chance gab: »Da ist eine alte Dame, die hat einen künstlichen Darmausgang, die können Sie mal pflegen, da können Sie mal sehen, ob das Ihr Traumberuf ist.«

»(U)nd es war mein Traumberuf. Ich hab sie gepflegt, ich bin mit ihr spazieren gegangen, ich hab ihr vorgelesen, ich hab immer alles getan, was man so tun konnte, und das Jahr ging vorbei. Und endlich bin ich ins Krankenhaus gekommen und ich war ganz glücklich. Ich bin in dem Krankenhaus eingezogen, hab gerne gepflegt und war Lernschwester.«

Aber Ernas Stimmung wurde durch die neue Realität getrübt. Sie war 17 Jahre alt, als der Krieg Köln erreichte. Die Stadt wurde am 12. Mai 1940 zum ersten Mal bombardiert. Tagsüber musste Erna ganz normal arbeiten. Nachts, wenn der Fliegeralarm ging, mussten sie und ihre Kolleg*innen sich mit den Patient*innen im Keller verstecken. Das ging über ein Jahr so. Die Luftangriffe wurden immer häufiger und es wurden auch ständig neue Bunker gebaut. Aber Erna konnte sich nicht einfach in irgendeinem Bunker in Sicherheit bringen. Sie musste einen suchen, der explizit für als Juden*Jüdinnen Verfolgte gekennzeichnet war. Wenn es keinen gab, musste sie mit der Unsicherheit von Kellern auskommen.

Die Nationalsozialist*innen hatten im Oktober 1941 damit begonnen, Menschen zu deportieren. Erna dachte an ihre Mutter und hatte Angst um sie. Sie wollte mit ihr sprechen. Ihre Mutter lebte wieder in der heimischen Wohnung in Kaiserslautern, die in der Zwischenzeit renoviert worden war. Deshalb bat Erna die Oberin um 4 Wochen Urlaub, damit sie zu ihrer Mutter fahren konnte. Die Oberin konnte Erna aber nicht frei geben – es fehlte an Personal im Krankenhaus.

Deportation von als Juden*Jüdinnen Verfolgten

Während des Zweiten Weltkriegs werden als Juden*Jüdinnen Verfolgte systematisch nach Osteuropa deportiert, d.h. zwangsweise in Ghettos, Arbeitslager oder Vernichtungsstätten verschleppt. Dort wurden sie vom Rest der Bevölkerung abgeschottet, unter lebensbedrohlichen Bedingungen ausgebeutet, schikaniert und ermordet.

Erna wollte aber unbedingt zu ihrer Mutter. Sie ging zur Gestapo und bat darum, sich aus Köln entfernen zu dürfen. Das musste sie tun, weil es als Juden*Jüdinnen Verfolgten bereits verboten war, zu verreisen. Sie brauchte eine Aufenthaltsgenehmigung – und die hat sie bekommen. Also fuhr sie zu ihrer Mutter. Erna konnte sie aber nicht überreden, aus Kaiserslautern wegzugehen. Und Erna musste doch ihre Ausbildung fertig machen! Dieses Problem erledigte sich dann aber von selbst.

Nach drei Wochen in Kaiserslautern bekam Erna ein Paket aus Köln. Darin fand sie ihre Schwesterntracht, ein paar Dinge aus ihrem Zimmer und einen Abschiedsbrief von der Oberin. Das Kölner Bürgerhospital wurde bei schweren Luftangriffen am 31. Mai 1942 bombardiert, weshalb das jüdische Krankenhaus geräumt wurde. Die jüdischen Patient*innen wurden deportiert. Ernas Stelle gab es damit nicht mehr, sie konnte nicht nach Köln zurück.

Sie saß fest. Ohne ihren geliebten Job, ohne irgendwas zu tun zu haben. Sie konnte nur zu Hause rumsitzen, das wollte sie aber nicht. Also fing sie an in einer Eisengießerei zu arbeiten. Es war eine schwere und schmutzige Arbeit. Aber sie war nur einige Minuten von der Wohnung entfernt und so konnte Erna immer in der Nähe ihrer Mutter sein – das war ihr das Wichtigste. Über ein Jahr hat Erna dort gearbeitet, bis zum 6. Juli 1943. Das war der Tag, an dem sich alles änderte. 

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